Wie der Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW) meldete, hat Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, auf dem gestrigen Parlamentarischen Abend der Cannabiswirtschaft die Streichung der sogenannten “Rauschklausel” angekündigt. Diese deutsche Sonderregel führt dazu, dass selbst sehr niedrige Gehalte von THC im Industriehanf zur Strafbarkeit, Razzien und Betriebsschließungen führen können. In Verbindung mit weiteren bürokratischen Hürden hat dies den Einsatz und die Weiterverarbeitung von Industriehanf in Deutschland behindert. Dieser Wettbewerbsnachteil soll nun abgeschafft werden.
Özdemir machte in seiner Rede deutlich, dass Hanfseile zu Zeiten von Christopher Kolumbus nicht wegzudenken waren und schon Henry Ford vor mehr als 80 Jahren ein Auto aus Hanf vorstellte. Heute könne Hanf als widerstandsfähiger und zudem noch nachwachsender Rohstoff eine klimafreundliche Alternative zu Plastik und Stahl darstellen, zum Beispiel in der Baubranche und der Automobilindustrie. Neben der “längst überfälligen” Abschaffung der Rauschklausel soll der Weg für den Indoor-Anbau freigemacht werden. Die bisherige Scheu, sich mit dem Thema zu befassen, ist, so Özdemir, “fast so, als würde man einen großen Bogen um Bäckereien oder gleich das gesamte Bäckerhandwerk machen, nur weil dort Mohnkuchen angeboten wird.”
Schrittweise Erleichterungen für Industriehanf geplant
Erste Maßnahmen zum Bürokratieabbau sind bereits bei den Vorschriften zu Blühmeldungen und Saatgutetiketten Etiketten erfolgt. Für die Zukunft soll – unter Beachtung europarechtlicher Implikationen – auch über eine Anhebung des THC-Grenzwerts für den Anbau und Verkehr mit Industriehanf sowie über die Regulierung von CBD diskutiert werden. Die Änderungen sollen “Schritt für Schritt” erfolgen, um auch diejenigen mitzunehmen, die beim Wort Cannabis immer noch “vor Schreck zusammenzucken”.
Der Branchenverband Cannabiswirtschaft hat sich in den letzten Jahren intensiv dafür eingesetzt, die Wettbewerbsnachteile für Industriehanf abzuschaffen. Marijn Roersch van der Hoogte, BvCW Vize-Präsident und Fachbereichsleiter für Industriehanf sieht die geplanten Änderungen als große Schritte in die richtige Richtung: “Ob als Faserverbundstoff in der Automobilindustrie, Dämmstoff und Hanfbeton auf dem Bau oder biologisch abbaubares Plastik – die nachhaltigen Potentiale sind vielfältig und könnten einen wichtigen Beitrag zur CO₂-Reduktion in Deutschland beitragen. Die aktuellen Reformen sind große Schritte, um diese zukünftig besser zu nutzen.”
Auch BvCW-Geschäftsführer Jürgen Neumeyer begrüßt die Entwicklungen: „Man stelle sich vor, Händler und Produzenten von alkoholfreiem Bier würden Razzien unterzogen und bestraft werden, weil man sich aus dem Restalkohol einen Schnaps destillieren könnte. Ein solch aufwendige Extraktion findet in der Praxis auch beim Industriehanf nicht statt. Diese sinnlose Rauschklausel führte in den letzten Jahren zunehmend zu wirtschaftlichen Schäden und Insolvenzen. Die Abschaffung ist dringend erforderlich und freut uns dementsprechend sehr! Dies ist ein wichtiger Schritt für eine Neuetablierung der deutschen Industriehanfbranche. Wir sehen einem Entwurf aus dem BMEL mit Freude entgegen und werden auch das parlamentarische Verfahren weiter konstruktiv begleiten.”
Quelle: BvCW
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