
Eine aktuelle Studie der Universität Göttingen zeigt, dass Nutzhanf zunehmend als nachhaltige Kulturpflanze in der deutschen Landwirtschaft Fuß fassen könnte. Ausschlaggebend seien unter anderem die EU-weite Erhöhung des THC-Grenzwerts auf 0,3 Prozent sowie das gestiegene Interesse an umweltfreundlichen Rohstoffen.
Eine aktuelle Studie des Arbeitsbereichs Landwirtschaftliche Betriebslehre der Georg-August-Universität Göttingen untersuchte umfassend die ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte des Nutzhanfanbaus. Ziel der Erhebung war es, sowohl die agronomischen Voraussetzungen als auch die praktischen Erfahrungen von Landwirten in Deutschland zu analysieren und daraus Empfehlungen für den zukünftigen Anbau und die Nutzung dieser Kulturpflanze abzuleiten.
Anbau und ackerbauliche Voraussetzungen
Nutzhanf gilt als anpassungsfähig und wenig krankheitsanfällig, stellt aber dennoch spezifische Anforderungen an Standort und Pflege. Optimal wächst die Pflanze auf tiefgründigen, humosen Böden mit guter Wasserversorgung. Der pH-Wert sollte neutral bis leicht basisch sein. Die Aussaatzeiten richten sich nach der Nutzungsrichtung: Sommerhanf wird ab Mitte April ausgesät, Winterhanf kann als Zweitfrucht bis Ende Juli folgen. Der Nährstoffbedarf ist moderat, und der Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz ist unter den meisten Bedingungen möglich – ein Vorteil sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaftlichkeit.
Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und Märkte
Die Studie nennt zahlreiche industrielle Abnehmer für Hanfprodukte: Die Bauindustrie nutzt Hanffasern für Dämmstoffe, die Textilbranche für Kleidung und technische Gewebe. Die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie verarbeiten Samen und Öl weiter, während die Papierindustrie auf Hanf als Rohstoff für Spezialpapiere zurückgreift.
Erkenntnisse aus der landwirtschaftlichen Praxis
Im Rahmen der Untersuchung wurden Tiefeninterviews mit 14 Landwirten aus Norddeutschland geführt. Die wirtschaftliche Einschätzung des Hanfanbaus fällt überwiegend positiv aus – vor allem aufgrund des Einsparpotenzials durch den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sowie die Möglichkeit zur Doppelnutzung von Fasern und Samen. Gleichzeitig betonen die Befragten den hohen technischen Aufwand bei Ernte und Verarbeitung sowie die Notwendigkeit verlässlicher Absatzwege und Abnahmeverträge. Kooperationen mit anderen Betrieben oder Verarbeitern können hierbei zu mehr Effizienz führen.
Ökologische Vorteile bestätigt
Die befragten Landwirte bestätigen zahlreiche Umweltvorteile: Hanf verbessert die Bodenstruktur, schützt vor Erosion, benötigt nach der Jugendphase wenig Wasser und hat eine gute Vorfruchtwirkung. Die Fähigkeit zur CO₂-Bindung wird als bedeutender Beitrag zum Klimaschutz hervorgehoben – insbesondere, wenn die Biomasse in langlebigen Produkten wie Dämmstoffen eingesetzt wird.
Soziale Aspekte und gesellschaftliche Akzeptanz
Neben wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren bietet der Hanfanbau auch soziale Chancen. Die umweltschonende Bewirtschaftung wird von der Gesellschaft zunehmend positiv wahrgenommen. Allerdings bestehen laut den Befragten weiterhin Vorurteile gegenüber der Hanfpflanze, insbesondere im Hinblick auf deren Abgrenzung zu THC-haltigem „Drogenhanf“. Hier sehen die Befragten Aufklärungsbedarf.
Zudem werden regionale Wertschöpfungsketten, neue Kooperationen und ein steigendes Interesse junger Menschen an dieser Kultur als positive soziale Entwicklungen hervorgehoben.
Quelle: bauernblatt.com
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