Aus Sicht der Verbände Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW) und Bundesvereinigung Nachhaltigkeit e.V. (BVNG) ist der Fokus auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Koalitionsvertrag ein wegweisendes Signal, dass die nächste Bundesregierung Deutschland als führende Klimanation in Europa positionieren könnte. Die Verbände begrüßen, dass die Koalitionäre die Innovationskraft der Bioökonomie als Treiber für den Klimaschutz anerkennen. Als ultimative Klimapflanze vereine Nutzhanf beides und biete die Chance für eine nachhaltige industrielle Evolution. Der Aufbau einer Hanf-Industrie mit vielfältigen Anwendungen schaffe neue Arbeitsplätze und stärke Strukturentwicklung und Wertschöpfung in ländlichen Regionen. Der BvCW und die BVNG schlagen für die Umsetzung des Ansatzes einer “sozial-ökologischen Marktwirtschaft” einen konsequenten Aufbau einer Nutzhanf-Industrie als Kern einer nachhaltigen bioökonomischen Wertschöpfung im Sinne des europäischen Green-Deals vor.
Nutzhanf aus dem Betäubungsmittelgesetz lösen und Budgets für Hanf-Industrie bereitstellen
Hierfür müssten Hemmnisse und Hürden abgebaut werden: “Der Bundestag muss zügig Nutzhanf aus dem Betäubungsmittelgesetz herauslösen. Dafür steht ein Entschließungsantrag u.a. der Bundestagsfraktion von B90/Die Grünen aus der letzten Legislaturperiode bereit und kann umgehend auf die Tagesordnung gesetzt werden. Die finanzielle Unterstützung regionaler Clusterbildungen für Anbau und Weiterverarbeitung, sowie die Forschungsförderung zu den vielfältigen Potentialen der Hanfpflanze, u.a. im Maschinenbau und der Lebensmittelwirtschaft, sind wichtige Zukunftsaufgaben der neuen Regierung”, so Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des BvCW.
Die von der Koalition beabsichtigte Erhöhung des Forschungs- und Entwicklungsbudgets müsse auch dem Aufbau der Hanf-Industrie zugutekommen. Aus Sicht der Verbände macht es sich die neue Bundesregierung zwar zur Aufgabe, die Zugänge zu Wagniskapital und öffentlichen Aufträgen für Start-Ups aus dem Bereich der Bioökonomie zu vereinfachen. Es brauche für einen umfangreichen Ausbau des Industrie-Sektors jedoch weitere Bemühungen wie die Strukturförderung von Hanf-Schwerpunktregionen. “In den letzten 70 bis 80 Jahren wurde in Sachen Nutzhanf viel vergessen, wenig entwickelt und noch weniger geforscht. Als Innovationstreiber braucht Nutzhanf diese Förderung nicht nur bei Anbau und Produktentwicklung, sondern auch in der beruflichen Bildung. Hanfanbau und Verarbeitung brauchen Know-How. Große industrielle Potenziale liegen im Bereich der naturfaserverstärkten Kunststoffe, die natürlich 100% abbaubar sein müssen, und bei Baustoffen”, sagt Martin Wittau, Vizepräsident der BVNG.
EIHA sieht Handlungsbedarf bei Wettbewerbsfähigkeit und Risikominimierung
Auch der europäische Fachverband der Nutzhanf-Industrie (EIHA) unterstützt die Forderungen der deutschen Verbände und sieht Handlungsbedarf im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Industrie-Sektors sowie der Risikominimierung bei Anbau, Produktion und Handel: “Das europäische Parlament hat am 24. November 2021 mit der Verabschiedung der neuen Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) einen starken Impuls für die europäische Hanfindustrie ausgelöst. Letzte Woche, am 02. Dezember 2021, hat der Europarat den Vorschlag des Parlaments angenommen. Dieser beinhaltet unter anderem, dass der THC-Grenzwert, welcher für Direktzahlungen an Landwirte beim Anbau von Hanfsorten aus dem EU-Katalog gilt, endlich wieder von 0,2 auf 0,3 % angehoben wurde. Damit legt die EU den Grundstein für einen wachsenden, grünen und nachhaltigen Industriehanf-Sektor in der gesamten Union. Das ist die Chance, im weltweiten Wettbewerb wieder gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Damit der EU-Hanfmarkt mit der internationalen Konkurrenz, wie etwa aus Nord- und Südamerika, gleichziehen kann, benötigt es klare Rechtsrahmen für den Anbau und die Weiterverarbeitung von Nutzhanf. Dies würde u.a. mit der Etablierung eines weiteren Höchstwertes für THC von 1 %, also über 0,3% ohne Direktzahlungen, erreicht werden. Im internationalen Vergleich sind 0,3 % bekanntlich immer noch ein niedriger Grenzwert. Die Schweiz, im Herzen Europas, und auch andere EU-Länder arbeiten bereits mit höheren Grenzwerten, um Marihuana von Industriehanf zu unterscheiden. Wissenschaftliche Studien und langjährige Erfahrungen belegen, dass höhere Grenzwerte absolut kein Sicherheitsrisiko darstellen. Neue rechtliche Rahmenbedingungen für Deutschland sollten eng mit den europäischen Partnern koordiniert werden.”, so Daniel Kruse, Präsident der EIHA.
An den Vorhaben der “sozial-ökologische Marktwirtschaft” der neuen Bundesregierung wollen die Verbände nun anknüpfen. Gemeinsam mit den zuständigen Ministerien wollen sie in konstruktiven Austausch eine entsprechende Roadmap ausarbeiten.
Quelle: BvCW
Bild: Miha Rekar