
Die Bezirksregierungen von Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln haben bei einer Pressekonferenz ihre Pläne für wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte zum Verkauf von Cannabis zum Freizeitkonsum durch lizenzierte Ausgabestellen vorgestellt. Nach Frankfurt am Main und Hannover sind diese beiden Berliner Bezirke die dritten großen städtischen Regionen in Deutschland, die eine umfassende Studie zur Schadensminimierung durch den legalen Verkauf von Cannabis anstreben. Das Berliner Cannabisunternehmen Sanity Group GmbH, das bereits seit einem Jahr ähnliche Projekte im schweizerischen Basel-Landschaft betreibt, soll die operative Leitung der Ausgabestellen in Berlin übernehmen. Daneben soll die Humboldt-Universität zu Berlin die wissenschaftliche Untersuchung übernehmen.
Pilotprojekt in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln
In der Pablo Neruda Zentralbibliothek unterzeichneten Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen), Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, und Hannes Rehfeldt (CDU), Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit in Neukölln, eine Absichtserklärung zur Durchführung des Pilotprojekts. Die wissenschaftliche Leitung soll Professor Dr. Dr. Christian Ulrichs, Leiter der Urbanen Pflanzenökophysiologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, übernehmen. Das Konzept für die Ausgabestellen wurde von der Sanity Group entwickelt.
Finn Hänsel, Gründer und CEO der Sanity Group, sagte: „Dass jetzt auch Berliner Bezirke Pilotprojekte für Cannabis ins Leben rufen wollen, ist für uns als Berliner Unternehmen natürlich etwas Besonderes. Wir sind stolz darauf, unsere Expertise und Erfahrung in die Gestaltung und Umsetzung dieses Projekts einzubringen – und das direkt in unserer Heimatstadt.“ Hänsel betonte die Notwendigkeit, den illegalen Markt zu verkleinern, und erklärte, dass der Schutz der Gesundheit der Konsumenten ein zentrales Ziel der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland sei. „Persönlicher Anbau und Cannabisclubs allein reichen nicht aus, um den Konsumenten Zugang zu sicherem, reguliertem Cannabis zu ermöglichen und den Schwarzmarkt nachhaltig zu bekämpfen. Umso wichtiger ist es, mit wissenschaftlichen Studien die Grundlage für die Erreichung der Legalisierungsziele zu schaffen,“ so Hänsel weiter.
Fünf Jahre wissenschaftliche Beobachtung
Das Pilotprojekt soll erwachsenen Studienteilnehmern legalen Zugang zu Cannabisprodukten in den Ausgabestellen der beiden Bezirke ermöglichen. Voraussetzung für die Teilnahme sind bestimmte gesundheitliche Kriterien sowie regelmäßige wissenschaftliche Befragungen. Ein Weiterverkauf an Dritte führt zum sofortigen Ausschluss aus der Studie. Um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten, erhalten die Teilnehmer eine pseudonymisierte Teilnehmer-ID, die digital von den Mitarbeitenden der Ausgabestellen geprüft wird. Mit dieser ID können gekaufte Produkte und Mengen nachverfolgt werden. Ein QR-Code auf der Verpackung soll sicherstellen, dass die gesetzlich zulässige Höchstmenge nicht überschritten wird.
Zusätzlich soll das Personal der Ausgabestellen umfassend geschult werden, um bei Anzeichen problematischen Konsumverhaltens frühzeitig Hilfestellung zu leisten und an Beratungsstellen zu verweisen. Die gesamte Lieferkette und die Verkaufszahlen sollen mithilfe einer Software der Schweizer Firma Cannavigia dokumentiert werden, um individuelle Konsummuster analysieren zu können. Workshops und Informationsveranstaltungen zu verantwortungsvollem Cannabiskonsum sind ebenfalls fester Bestandteil des Studienaufbaus.
Unabhängig von der geplanten zweiten Säule des Cannabisgesetzes (KCanG) hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im April 2024 eine Verordnung für Forschungsprojekte in Modellregionen vorgelegt. Mit der Verkündung der sogenannten „Konsumcannabis-Wissenschafts-Zuständigkeitsverordnung“ (KCanWV) können Forschungseinrichtungen und Unternehmen ab sofort Anträge auf Genehmigung entsprechender Projekte bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) einreichen.
Quelle: Sanity Group Gmbh
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