Search and Hit Enter

Ampel-Koalition plant kontrollierte Abgabe von Cannabis als Genussmittel

Die geplante rot-grün-gelbe Bundesregierung möchte die kontrollierte Abgabe von Cannabis als Genussmittel in lizenzierten Geschäften einführen. Konkret heißt es: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen.“

Erste Reaktionen von Verbänden und Unternehmen begrüßen das Vorhaben, betonen aber auch die Wichtigkeit von klaren Richtlinien für den weiteren Weg und einer fortgesetzten Diskussion über offene Punkte.

BvCW sieht gute Grundlagen für vernünftigen Umgang mit Potentialen der Cannabispflanze

Der Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW) sieht in den Plänen der Ampel-Koalition gute Grundlagen für einen künftigen vernünftigen Umgang mit allen Potentialen der Cannabispflanze. 

Verbandspräsident Dr. Stefan Meyer erklärte: “Als Cannabiswirtschaft begrüßen wir den Koalitionsvertrag als gute Diskussionsbasis für anstehende Reformen im Cannabisbereich. Viele bisherige Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen geeignete Wege. Gerne begleitet die Cannabiswirtschaft alle regulatorischen Fragen, wie z.B. wissenschaftsbasierte Qualitätssicherung, wirkungsvollen Jugend-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz, sinnvolle Werbebeschränkungen und eine angemessene Besteuerung”. 

Der BvCW hat hierzu eine Querschnittsarbeitsgruppe eingerichtet, die Vorschläge für alle relevanten Fragen fachlich begleiten wird. Legalisierungsfehler anderer Länder sollten in den anstehenden Prozessen möglichst vermieden werden.  

Wir schlagen die Einrichtung einer Cannabis-Kommission nach Vorbild der Kohle-Kommission vor, in der Expertinnen und Experten aus gesellschaftlich relevanten Bereichen über die konkrete Ausgestaltung der Cannabisregulierung beraten.

Jürgen Neumeyer, BvCW

Dem Branchenverband ist es wichtig, dass über die weitreichenden Fragen einer kontrollierten Abgabe von Cannabis als Genussmittel, die notwendigen Reformen im Bereich Medizinalcannabis und Nutzhanf nicht vergessen werden. “Wir schlagen die Einrichtung einer Cannabis-Kommission nach Vorbild der Kohle-Kommission vor, in der Expertinnen und Experten aus gesellschaftlich relevanten Bereichen über die konkrete Ausgestaltung der Cannabisregulierung beraten”, fordert Verbandsgeschäftsführer Jürgen Neumeyer und ergänzt: “Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung.“

DHV vergibt Lob und Kritik

Auch der verbraucherorientierte Deutsche Hanfverband (DHV) begrüßt die Pläne der Ampelparteien. „Die Ampel ist ihrem eigenen Anspruch gerecht geworden, eine echte Reform-Koalition zu sein und den Stillstand nach 16 Jahren CDU-geführter Regierungen zu beenden. Cannabis ist das beste Beispiel dafür. Die neue Regierung orientiert sich endlich an Fakten und geht international mutig voran. Viele Länder werden diesem Beispiel folgen und ebenfalls Cannabis legalisieren“, so DHV-Sprecher Georg Wurth.

Weniger begeistert zeigt sich der Hanfverband von der Tatsache, dass offenbar der Eigenanbau durch Konsumenten nicht zugelassen werden soll. Es sei nicht erkennbar, warum Cannabis anders behandelt werden sollte als Tabak und Alkohol, für die der Gesetzgeber die Möglichkeit der Eigenproduktion gestattet. Außerdem stelle der Eigenanbau von Cannabis für regelmäßige Konsumenten mit höherem Verbrauch und geringem Einkommen eine wichtige Alternative zum Fachgeschäft dar. Sie würden laut DHV ohnehin weiter wie bisher selbst anbauen. Diese Konsumenten weiterhin zu kriminalisieren sei nicht sinnvoll, so der Hanfverband, zumal auch der Eigenanbau dem illegalen Schwarzmarkt Umsatz entziehe und die Konsumenten vor Streckmitteln schütze. Daher fordert der Deutsche Hanfverband, auch den Eigenanbau zu legalisieren.

Trotzdem sieht der DHV in der beschlossenen Legalisierung von Cannabis einen Meilenstein der deutschen Drogenpolitik. Die konkrete rechtliche und praktische Umsetzung halte allerdings noch viele Fallstricke bereit. Der Verband freue sich, diesen Prozess weiterhin konstruktiv zu begleiten und dafür zu sorgen, dass der Cannabismarkt zukünftig nicht ausschließlich von Konzernen beherrscht wird.

Sanity Group begrüßt Entscheidung und fordert klare Vorgaben

Positive Reaktionen gab es auch aus den Reihen der Wirtschaft. Das Berliner Cannabis-Unternehmen Sanity Group begrüßte die Entscheidung der Koalitionsparteien und forderte klare Vorgaben für die Umsetzung. Die Ampel-Parteien hätten nun den Grundstein gelegt, die Details gelte es jedoch noch auszuarbeiten. Es brauche eine klare Gesetzeslage und Regulatorik, um u. a. die Bedingungen für Anbau, Verarbeitung, Logistik und lizenzierten Vertrieb zu definieren und damit Qualitäts- und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. „Hier kann man auch von den Erfahrungen anderer Länder lernen, wie z. B. Kanada oder den USA. Jugendschutz und Prävention sind zudem elementar und unabdingbar. Wir sind klar dafür, dass ein Teil der Einnahmen einer potenziellen Cannabissteuer in den Jugendschutz sowie zielgruppengerechte Maßnahmen zur Aufklärung fließen“, so Finn Hänsel, Gründer der Sanity Group, der sich sehr gut vorstellen kann, ein System von lizenzierten Fachgeschäften aufzubauen und zu betreiben. Gleichzeitig wünscht sich der 39-Jährige, dass durch die geplante Legalisierung auch der Umgang mit CBD-Produkten einheitlich geregelt wird: „Hier haben wir seit Jahren eine unklare Rechtslage für alle Beteiligten – dieses Thema sollte nun in einem zukünftigen Gesetz ebenfalls mit angegangen werden.“

Fabian Friede, der die Sanity Group zusammen mit Hänsel 2018 gegründet hat und auch Geschäftsführer des pharmazeutischen Tochterunternehmens Vayamed ist, betonte, dass die Versorgung von Patient:innen mit medizinischem Cannabis durch eine künftige kontrollierte Abgabe an Erwachsene für Genusszwecke nicht eingeschränkt oder gefährdet werden dürfe. „Wir sprechen uns dafür aus, dass der medizinische Cannabismarkt klar vom Freizeitcannabismarkt getrennt wird, was durch lizenzierte Geschäfte erreicht werden kann.“ Darüber hinaus wünscht sich Friede eine vereinfachte Verordnung von medizinischem Cannabis: „Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen muss abgeschafft werden, um Patienten den Zugang zu einer Therapie mit medizinischem Cannabis zu erleichtern.“

Bild: Moritz Kindler