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Inhalationsextrakte aus Cannabis in Deutschland – Interview mit Assi Rotbart

Im Juni haben Panaxia und Neuraxpharm den Erhalt der ersten behördlichen Genehmigung für die Vermarktung und den Vertrieb von medizinischen Cannabisextrakten zur Inhalation durch die deutschen Behörden bekanntgegeben. Bereits im Herbst sollen diese unter der gemeinsamen Marke Naxiva-Panaxol in Deutschland erhältlich sein.

Assi Rotbart leitet das internationale Geschäft von Panaxia. Er ist ein Veteran der Start-up-Industrie in Israel und seit 2015 bei Panaxia. CannaVision hat mit ihm anlässlich der Einführung der Inhalationsextrakte in den deutschen Markt gesprochen.

Welche Produkte stellt Panaxia her?

Panaxia ist die Cannabisabteilung der pharmazeutischen Unternehmensgruppe Segal in Israel. Wir wissen, dass die Moleküle in der Cannabispflanze einen enormen Einfluss auf Indikationen in vielen verschiedenen Bereichen haben: Entzündungshemmung, Schmerzen, Epilepsie und – außerhalb Israels vielleicht nicht so bekannt – auch Autismus. Viele der Cannabis-Moleküle haben heilsame Eigenschaften, aber da die Pflanze lange Zeit illegal war, blieb die Industrie ein wenig zurück, so dass viele Patienten immer noch gezwungen sind, ihre Medikamente zu rauchen.

Unsere Mission war seit der Gründung vor zwölf Jahren, die wunderbaren Eigenschaften von Cannabis ohne Rauchinhalation zugänglich zu machen. Panaxia behandelt Cannabis wie jedes andere Arzneimittel. Wir entnehmen die Wirkstoffe aus der Cannabispflanze und entwickeln dafür pharmazeutisch akzeptierte Verabreichungsmethoden, mit denen Ärzte und Patienten gut umgehen können.

Welche Vorteile haben Ihre Produkte für die Patienten?

Wir bieten das sauberste Produkt an, das möglich ist, und es kann auf viele Arten verwendet werden. Wir verkaufen das reine Extrakt an Apotheken und es liegt im Ermessen des Arztes, wie er es verschreibt, sei es zum Verdampfen, Inhalieren oder zur oralen Einnahme. Apotheker können eine Lösung aus unserem Extrakt herstellen und der Patient kann ein Verdampfungs- oder Inhalationsgerät benutzen, um die Lösung zu inhalieren, die durchweg exakt abgestimmte Mengen an aktiven Substanzen und keine überflüssigen Begleitstoffe enthält. Genau so, wie Sie es von einem Medikament erwarten würden.

Genau so, wie Sie es von einem Medikament erwarten würden.

Sind die Extrakte zur Inhalation für jeden Patienten geeignet?

Es hängt natürlich von der Indikation ab. Bei einer chronischen Indikation sind Tabletten die beste Lösung, weil man Tag und Nacht die gleiche Menge an Wirkstoffen im Blut haben will. Bei anderen Indikationen wie entzündlichen Erkrankungen des Darms sind Zäpfchen das richtige Mittel, weil man nicht nur eine systemische, sondern auch eine lokale Wirkung erzielen will. Wenn Sie jedoch eine sofortige Linderung wünschen, z. B. um Schmerzen zu stillen, dann ist Inhalation am besten geeignet. Wie bei jedem Medikament muss man die Verabreichungsmethode auf den Zustand des Patienten und seine Bedürfnisse abstimmen.

Woher beziehen Sie die Pflanzen?

Wir beziehen unseren Rohstoff aus verschiedenen Quellen in Israel und Portugal, aber da die Standardisierung während der Produktion erfolgt, sind wir nicht an bestimmte Pflanzen gebunden. Wir stellen sicher, dass es sich stets um das gleiche Extrakt handelt, unabhängig davon, wann und wo das Ausgangsmaterial angebaut wurde.

Wie funktioniert die Partnerschaft mit Neuraxpharm?

Die Vermarktungsgenehmigung erlaubt es Neuraxpharm, unsere Produkte zu importieren, sie an Apotheken zu vertreiben und an Ärzte zu vermarkten und sie sind genau die Art von Partner, die wir gesucht haben. Unser Partner musste einen pharmazeutischen Hintergrund haben, damit er die gleiche Sprache spricht wie die Ärzte, die Apotheker und wir bei Panaxia. Neuraxpharm ist der größte Akteur im Bereich des zentralen Nervensystems in Europa. Wir sind froh, dass wir mit ihnen den richtigen Partner in Deutschland gefunden haben.

Welche Pläne hat Panaxia für den deutschen Markt?

Zurzeit machen wir unsere ersten Schritte in Europa, beginnend in Deutschland, Frankreich und Zypern in diesem Jahr. Wir bringen unsere Botschaft zu den Patienten und den Ärzten in Deutschland. Begonnen haben wir mit dem MCT-Extrakt (Mittelkettige Triglycerideeine), das die Basis darstellt. Jetzt machen wir mit dem gereinigten Extrakt weiter, das inhaliert werden kann. Das ist wahrscheinlich unser bisher größter Schritt in Europa.

Für Deutschland ist das ein neues Konzept, aber in Nordamerika ist dieses Produkt schon seit vielen Jahren akzeptiert. Im nächsten Schritt werden wir Tabletten und Kapseln auf den deutschen Markt bringen, später auch Cremes und Salben und jede andere akzeptierte pharmazeutische Verabreichungsmethode.

Für Deutschland ist das ein neues Konzept, aber in Nordamerika ist dieses Produkt schon seit vielen Jahren etabliert.

Welches Potenzial sehen Sie auf dem deutschen und europäischen Markt?

Deutschland ist der größte Markt in Europa, der gemeinsam mit Frankreich, den höchsten Standard in Europa erwartet. Für uns ist das so etwas wie der goldene Standard, der uns auch eine sehr gute Referenz für andere Märkte schafft. Wir sind froh und stolz, auf diesem Gebiet Vorreiter auf dem deutschen Markt zu sein. Es ist immer schwierig, etwas Neues nach Deutschland zu bringen, aber es lohnt sich.

Unsere Erfahrung zeigt, dass sich Inhalationsextrakte in jedem reifen Markt besser verkaufen als Blüten. Wir haben bereits sehr reife Märkte in Nordamerika, und wir konnten eine Verschiebung von einem 90%-Blütenmarkt vor sechs/sieben Jahren zu einem Markt mit nur 30% Blütenanteil heute beobachten. Die übrigen Anteile umfassen verschiedene Arten von Esswaren und inhalierbare Produkte.

Ich glaube, dass sich diese Trendverschiebung auch in Deutschland zeigen wird. Wahrscheinlich sogar noch stärker, weil der Markt strengeren Gesetzen unterworfen und generell mehr medizinisch und pharmazeutisch orientiert ist als in Nordamerika, das mehr auf Freizeitaktivitäten ausgerichtet ist.

In Frankreich gehören wir zu den vier Unternehmen, die die Ausschreibung der ANSM (französische Gesundheitsbehörde) gewonnen haben. Für uns ist das sehr interessant, weil wir von der ANSM unter anderem für unsere Sublingualtabletten ausgewählt wurden. Soweit wir wissen, ist dies das erste Mal in Europa, dass Patienten Zugang zu Cannabis-Sublingualtabletten haben. Sie sind zwar leider noch nicht in Deutschland erhältlich, ich bin jedoch zuversichtlich, dass diese Art der Verabreichung in naher Zukunft in ganz Europa verfügbar sein wird.

Worauf konzentrieren Sie sich derzeit in Forschung und Entwicklung?

Wir arbeiten daran, einzigartige Kombinationen von Cannabinoiden für bestimmte Indikationen zu entwickeln. Wir haben bei Panaxia eine sehr große Datenanalyseabteilung und sammeln viele Daten über Patienten, Symptome und die Zusammensetzung des von ihnen konsumierten Cannabis. Ein starker Fokus liegt auf Blüten, weil diese so unterschiedlich sind. Wenn wir beobachten, dass eine bestimmte Charge von Blüten für einzelne Indikationen hilfreich ist, z. B. bei Endometriose oder Fibromyalgie, können wir diese Chargen analysieren und feststellen, welche spezifischen Moleküle den Patienten helfen und so verstehen, warum sie die jeweiligen Blüten bevorzugen.

Wir haben solche Daten bereits für mehrere Indikationen gesammelt und werten sie aus, um auf dieser Basis Produkte speziell für diese Symptome und Bedingungen herzustellen und die Zulassung als Medikament zu beantragen. Wir freuen uns also auf immer mehr registrierte pflanzliche Arzneimittel, die auf bestimmte Indikationen und Symptome zugeschnitten sind. Das ist es, was ich für die nächsten fünf Jahre erwarte.

Danke für das Interview.

Bild: Assi Rotbart. Bildquelle: Panaxia Pharmaceutical Industries