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Fachverbände: dringende Forderung nach Reformen beim Cannabis-als-Medizin Gesetz

Mit Inkrafttreten des „Cannabis als Medizin”-Gesetzes 2017 wurde schwer erkrankten Patientinnen und Patienten der Zugang zu medizinischem Cannabis und eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen grundsätzlich ermöglicht.

Die Erfahrungen aus sechs Jahren Medizinalcannabis in der Praxis zeigen aus Sicht von Experten, dass ein dringender Bedarf an Reformen und Entbürokratisierung besteht. Dies sei auch im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Änderung der Arzneimittelrichtlinie deutlich geworden.

Acht unterzeichnende Verbände haben ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet, in dem sie den G-BA Beschluss vom 16.03.2023 und das Eckpunktepapier der Bundesregierung vom 26.10.2022 bewertet und Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung formuliert haben.

In Anbetracht der Legalisierungsbestrebungen der Bundesregierung und der damit verbundenen regulativen Änderungen ist sich das Bündnis aus Fachverbänden von Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten, Apothekerinnen und Apothekern mit der Cannabiswirtschaft einig: Das „Cannabis als Medizin“-Gesetz muss novelliert werden.

Kernforderungen zur Novellierung des „Cannabis als Medizin“-Gesetzes

Das gemeinsame Positionspapier der Fachverbände enthält fünf Kernforderungen: 

  • Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei der Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabisarzneimitteln abschaffen oder anpassen
  • Medizinalcannabis aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes herausnehmen
  • Rechtlichen Rahmen für Cannabisarzneimittel bundesweit vereinheitlichen und anwenden
  • Nationale Förderung von Forschungsvorhaben für Cannabis-Therapien ausbauen
  • Flächendeckende und vorrangige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit qualitätsgesicherten Cannabisarzneimitteln sicherstellen

Um das gemeinsame Ziel der bestmöglichen Versorgung der Patientinnen und Patienten mit qualitätsgesichertem medizinischen Cannabis in Deutschland zu gewährleisten, setzen die unterzeichnenden Verbände sich aktiv für eine Reform der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein.

Stimmen aus den Fachverbänden

Gero Kohlhaas vom Patientenverband Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin (SCM) weist darauf hin, dass zu oft über die Köpfe von Patientinnen und Patienten entgegen deren Belangen entschieden werde: ”Als Patientenverband von Betroffenen und Angehörigen erwartet das SCM die schnellstmögliche Durchsetzung von Verbesserungen für Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten im Bereich Cannabis als Medizin.“

“Solange der überwiegende Anteil bedürftiger Patientinnen und Patienten nicht über das Gesundheitssystem versorgt wird, begrüßen wir die Möglichkeit des Eigenanbaus. Dieser bietet einigen Patientinnen und Patienten eine Option, um aus der Illegalität herauszukommen,“ erklärte Dr. Franjo Grotenhermen im Namen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) zu den vorgelegten Plänen der Bundesregierung. ”Allerdings sehen wir erhebliche Risiken, die mit einer Verdrängung von Patientinnen und Patienten in den Freizeitmarkt verbunden sind. Eine medizinische Therapie sollte durch Ärztinnen und Ärzte durchgeführt werden.”

Dr. Conny Cimander von der Deutschen Medizinal-Cannabis Gesellschaft e.V. (DMCG) erklärt: „Die Möglichkeit, Medizinal-Cannabis bei chronischen Erkrankungen einsetzen zu können, ist ein Meilenstein in der Medizin. So können für die Patientinnen und Patienten belastende Symptome deutlich gemildert und die Lebensqualität verbessert werden. Der DMCG e.V. unterstützt fachlich alle Kolleginnen und Kollegen dieses Ziel zu erreichen.“

Antonia Menzel vom Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC) bekräftigt diese Position: „Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit cannabisbasierten Arzneimitteln darf nicht gefährdet werden, insbesondere angesichts der Legalisierungsbemühungen der Bundesregierung. Eine bedarfsorientierte Versorgung mit qualitätsgesichertem medizinischen Cannabis kann nur mit verlässlichen und wettbewerbsfähigen Anbau- und Importstrukturen gesichert werden.“

Für die Apothekerschaft unterstreicht Dr. Christiane Neubaur vom Verband der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) die Notwendigkeit einer Versorgung mit hochwertigen Medikamenten: “Der VCA setzt sich für die Festlegung einer bundesweit anerkannten Identitätsprüfung von Medizinalcannabis ein, sowie für eine klare und einheitliche Festlegung der mikrobiellen Qualitätsanforderungen von Medizinalcannabisblüten zum Schutze der Patientinnen und Patienten.”

Die Verschreibung von Medizinalcannabis müsse deutlich erleichtert werden, so Dr. Armin Prasch vom Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW). Sonst drohe eine Abwanderung in die unbetreute Selbstmedikation. “Ein großer Schritt in die richtige Richtung wäre die Etablierung einer antrags- und genehmigungsfreien, zeitlich definierten Test-Therapiephase.” Und weiter: ”Wenn Deutschland als Standort für Medizinalcannabis wichtig bleiben möchte, brauchen wir Forschungsförderung, wie z. B. die Etablierung eines nationalen, medizinischen Registers für Cannabis und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für nationalen Anbau und Import.”

Quelle: BvCW
Bild: Gordon Johnson/Pixabay